Lassen sich Zeichen entdecken, dass die „Liebe bleibt“? Was kann ein Fingerzeig sein, dass das „Leben siegt“? Für den deutsch-israelischen Journalisten und Religionswissenschaftler Schalom Ben-Chorin (1913-1999) waren die blühenden Mandelbäume seiner Wahlheimat Israel solche Zeichen und Fingerzeige. Deshalb verfasste Ben-Chorin, der sich vor allem für den christlich-jüdischen Dialog einsetzte, im Jahr 1942 das Gedicht Das Zeichen. Im christlichen Kontext wurde der Text unter dem Titel „Freunde, dass der Mandelzweig“ und in der Vertonung von Fritz Baltruweit (*1955) deutschlandweit bekannt. Erstmals öffentlich gesungen wurde das Kirchenlied 1981 beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg. Worte des Gedichts erklangen, musikalisch eingebettet, auch zum Auftakt des diesjährigen Ökumenischen Fachtags des Bibel-Netzwerks Niedersachsen im St. Clemenshaus in Hannover: Zeichen und Wunder?! An Wunder glauben – aber auf Wunder hoffen?
Das Programm ließ keine Langeweile aufkommen. Dr. Susanne Luther referierte am Vormittag den aktuellen Stand der biblischen Wunderforschung: Die biblischen Wundererzählungen beanspruchen von faktischen Geschehen zu berichten (faktualer Redemodus). In ihrer zweiten Kurzvorlesung widmete sich die Göttinger Professorin für Neues Testament am Nachmittag der Dis/ability-Debatte. Die interdiziplinären Disability Studies verstehen Behinderung als ein soziales, gesellschaftliches und kulturelles Konstrukt.
In kleineren Austausch- bzw. Aktionsrunden konnten die etwa 60 Teilnehmenden unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten eines Heilungswunders erproben und sich unter Anleitung von Gregor Branahl an einem Bibliolog „Am Teich Bethesda“ beteiligen.
Begleitet wurde der Fachtag von der deutsch-ukrainischen Pianistin und Komponistin Marina Baranova: Zunächst ging sie in musikalische Resonanz zum Thema des Fachtags, dann nahm die Künstlerin in kleinen Miniaturen die ihr geschilderten Erfahrungen aus der Zeit des ersten Lockdowns auf.
Als Zugabe erklang eine nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine entwickelte Komposition, die die tiefempfundene Liebe Baranovas zum Land ihrer Geburt eindrucksvoll widerspiegelt.
Auf diese Weise widmete sich der Fachtag in unterschiedlichen Perspektiven und Zugängen dem Thema Wunder und Zeichen, ermöglichte Begegnung und Austausch. Wir hoffen, dass für jede:n etwas dabei war. Der Vorbereitungskreis dankt allen Beteiligten und Unterstützer:innen!
Programm und Mitwirkende | Materialien der Tagung auf Anfrage unter kontakt@netzwerk-bibel.de
Die Autorin leitet seit 2016 Online-Angebote rund um Bibel und Themen des christlichen Glaubens in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers. Zuvor war sie viele Jahre als Pastorin in Gemeinde und Schule tätig. Mit ihrer Familie lebt sie seit 2001 in Hildesheim.
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