Inzwischen ist die Hefe nicht mehr knapp in den Lebensmittelgeschäften. Ich kaufe sie regelmäßig, denn ich backe mein Brot gerne selbst – nicht nur jetzt, wenn ich dafür viel Zeit habe. Als es losging mit dem ersten Lockdown vor einem Jahr, fehlte sie immer! Sowohl die frische Hefe, als auch die trockene in Päckchen. Und auch die Päckchen mit dem Sauerteig waren stets ausverkauft. Konnte es sein, dass so viele Menschen auf einmal das Selberbacken wieder entdeckt hatten? Ausgerechnet? Das elementare Lebensmittel, das in all den Bäckereien wie immer zu haben war. Das Grundnahrungsmittel, um das im Vaterunser gebetet wird und das zu einem wesentlichen Inhalt eines Gleichnisses wurde.

Matthäus 13,33
„Die Welt Gottes ist mit Sauerteig zu vergleichen, den eine Frau nahm
und in drei Sat Mehl verbarg, bis das ganze Mehl durchsäuert war.“

Fertig! Das ist das ganze Gleichnis! Es schickt uns in die Backstube oder vermutlich eher in eine einfache Küche, an einen Platz, an dem Frauen Brot backen. Eine Frau, die weiß, wie es geht und die bestimmt kräftige Arme hat, Sauerteig und ca. 40 kg Mehl, ein unbestimmter Zeitraum, bis das ganze Mehl durchsäuert ist – das ist die Welt Gottes. Das Reich Gottes heißt es in anderen Übersetzungen. Die Welt jedenfalls, in der alle in Frieden miteinander leben, wo es gerecht zugeht und alle genug zu essen haben.

Tägliche Handgriffe als spirituelle Übung

Ich staune nicht schlecht und denke mir, dass dieses Gleichnis immer für Verblüffung gesorgt hat. Da ist dieser Sauerteig, der als kultisch unrein galt. Da ist diese riesige Menge an Mehl. Wie soll das eine einzige Frau bewältigen? Ich kenne es noch von meiner Mutter, dass viele Frauen nebeneinander den Teig in einem Trog kneteten.  Da ist also dieser Alltag der Frau. Wenn auch das Brot ganz elementar für alle ist, so ist es doch diese kleine Welt der täglichen Handgriffe, die hier zum Vorbild wird. Die Welt Gottes befindet sich an diesem Backplatz.

Dabei ist Brotbacken mehr als Alltag, ich finde, es ist tatsächlich eine spirituelle Übung und eine Kunst. Mit den Händen in den Teig zu greifen, der zuerst noch klebt, dann geschmeidig wird und sich wie eine einzige Masse bewegen lässt bis er am Ende eine blitzsaubere Schüssel hinterlässt. Und wie das duftet! Wie ich diesen säuerlichen Geruch mag. Ausdauer braucht man, Geduld. Man muss warten können, der Teig braucht seine Zeit, nicht meine.

Die Welt Gottes braucht auch ihre Zeit. Ihr Ort ist überall. Wie gut, dass ich daran ein bisschen mitbacken kann. Und wenn Hefe und Sauerteig mal wieder aus sein sollten, weiß ich, wie ich selbst Sauerteig zubereiten kann.

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