Jetzt gilt sie also auch in Deutschland: die Pflicht in bestimmten öffentlichen Räumen einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen in der Hoffnung, damit die Ausbreitung von SARS-CoV 2 zu verlangsamen. Aus dem Vermummungsverbot ist ein Vermummungsgebot geworden. Ich sehe dem mit Bangigkeit entgegen: Ist es in der zwischenmenschlichen Kommunikation nicht schon schwer genug unverhüllte Gesichter zu lesen, wie vielmehr, wenn nur noch große Augen einander über Masken anschauen, seien sie nun medizinisch anmutend oder modisch aufgepeppt?! Wie wird sich die Wahrnehmung meines Gegenübers verändern, wenn es so verhüllt ist? Werde ich im Antlitz meines Gegenübers immer noch Gottes Antlitz erkennen, so wie Jakob bei ihrer Wiederbegegnung am Jabbok die Gottheit im Angesicht seines Bruders Esau gesehen hat (1. Mo 33, 10b)?
In der katholischen Kirche gibt es eine Tradition, in der Fasten-/Passionszeit das Kreuz zu verhüllen, die im Laufe der Geschichte verschiedene Ausprägungen angenommen hat und 1976 in Form des sogn. Hungertuchs wieder aufgenommen und inzwischen auch von manchen evangelischen Kirchen übernommen wurde. Das Hungertuch, das seinen Namen vom entbehrungsreichen Buß-Fasten in der vorösterlichen Zeit hat, verhüllt die im Altarraum befindliche Kreuzesdarstellung, manchmal sogar den ganzen Chorraum, so dass die Gemeinde dem Gottesdienst nur hörend folgen kann. Ein Anknüpfungspunkt dieser Tradition ist der Vorhang im Tempel in Jerusalem, der das Allerheiligste einschloss, das velum templi.
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(1) Alois Kowald: Theologie der Verhüllung. In: Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Diözese Graz-Seckau (Hrg.): Aktion Glaube: verhüllen – enthüllen – entdecken: Lese- und Dokumentationsbuch der österreichweiten Aktion zum “Jahr des Glaubens” 2012/2013 . Verlag Diözese Graz – Seckau, Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation, 2013, S. 60
(2) Abt Friedhem Tissen: Osterrundbrief 2011 Benediktinerabtei Kornelimünster https://abtei-kornelimuenster.de/aktuell/rundbrief/rundbrief-ostern-2011.html (24.4.2020)
Dr. Judith Rohde ist Tiermedizinerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Tierärzliche Hochschule Hannover. 2019 erhielt sie für ihr Engagement im Bereich des christlich-jüdischen Dialogs den Blickwechselpreis
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