… – Etikettenschwindel, vorprogrammierter Reinfall oder notwendiger Impuls?

 

30. September 2019 

Der Kirchenvater Hieronymus hat sich als Bibelübersetzer einen Namen gemacht. Am 30. September wird sein Gedenktag begangen. Und so ist es kein Zufall, dass just am 30. September 2019 ein päpstliches Schreiben aus dem Vatikan in alle Welt verschickt wurde – zumindest in die katholische Welt: „Aperuit illis“/„Darauf öffnete er ihren Sinn …“ (Lk 24,45) – mit diesem Zitat aus dem Lukasevangelium beginnt es und nach den ersten Worten wird es benannt.

Mit diesem Schreiben führte Papst Franziskus für die Katholische Kirche einen „Sonntag des Wortes Gottes“ ein. Der 3. Sonntag im Jahreskreis (katholisches Kirchenjahr) soll „der Feier, der Betrachtung und der Verbreitung des Wortes Gottes gewidmet“ (Aperuit Illis 3) sein (das ganze Schreiben in deutscher Übersetzung findet sich hier: Deutsche Fassung von Aperuit Illis). Erstmals wird dieser Sonntag am 26. Januar 2020 begangen werden.

 

Die Reaktionen fielen – wie zu erwarten – unterschiedlich aus

Die einen begrüßen die Initiative als längst überfällige Stärkung des Wortes Gottes in Gottesdienst und Glaubens-/Gemeindeleben.

Andere weisen darauf hin, dass das Wort Gottes ja in jedem (katholischen) Gottesdienst eine zentrale Rolle spielt bzw. spielen sollte. Einen eigenen „Sonntag des Wortes Gottes“ braucht es entsprechend nicht.

Wieder anderen geht der Papst nicht weit genug: Wenn schon, dann ein richtiges „Fest des Wortes Gottes“ (vergleichbar dem Fronleichnamsfest mit Blick auf die eucharistischen Gestalten oder „Simchat Tora“/„Fest der Torafreude“ im jüdischen Festkalender) – mit eigenen biblischen Lesungen und speziellen Gebetstexten. Aus dieser Perspektive wirkt der „Sonntag des Wortes Gottes“ ein wenig wie „Etikettenschwindel“, da ja einfach ein Sonntag mit einem „zusätzlichen“ Motto überlagert wird. Die Leseordnung bleibt aber wie gehabt die vom 3. Sonntag im Jahreskreis.

Diskutieren ließen sich noch viele Aspekte.

 

Meine persönliche Haltung

Auch ich habe den ein oder anderen Vorbehalt und manche (An-)Frage.

Doch entdecke ich im „Sonntag des Wortes Gottes“ eine Chance sowie einen wichtigen Anstoß – und das möchte ich nach Kräften nutzen. Mit der Vision, dass dieser „Sonntag des Wortes Gottes“ irgendwann wirklich überflüssig wird. Ja, dass er sich selbst überflüssig macht: weil nämlich das, worauf er hinweist und wozu er anregt, so selbstverständlich in jedem (Sonntags-)Gottesdienst erfahren wird, dass es dafür keinen besonderen Motto-Sonntag mehr braucht. Konkret: Ich erlebe im Gottesdienst das Wort Gottes als Wort des Lebens, als Wort Gottes für mich, als nährende Kraftquelle für mein (Glaubens-)Leben. Ich begegne beim Hören der Heiligen Schrift Gott. Das Wort Gottes berührt mich in meinem Leben . Ich fühle mich gemeint und angesprochen.

Das halte ich für ein sehr erstrebenswertes Ziel. Und der „Sonntag des Wortes Gottes“ kann ein Schritt auf dieses Ziel hin sein – so zumindest meine Hoffnung.

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