Das kann man wohl sagen! Jeden Tag so viele Worte. Alle scheinen fortwährend zu reden, aus Radios schallt es einem entgegen, aus den Laptops und Fernsehern, in den Cafés und Kneipen ist es laut vor lauter Worten. Wenn die vielen Worte wenigstens zur Verständigung beitragen würden. Aber manche verdecken eher, was gemeint ist. Andere Worte sind verletzend oder gar gehässig. Manche sind nichtssagend, andere zu kompliziert. Wie wunderbar ist es dagegen, wenn man Liebesworte hört, Komplimente, Ermutigungen. Weil jemandem das Herz übergeht und die Worte nur so heraussprudeln. Kinder können vor Begeisterung ins Stottern geraten, weil sie unbedingt gleich alles erzählen wollen, was sie gerade erlebt haben – am besten mit allen Worten gleichzeitig.
„Naz“ – Gefühl von Stolz und Sicherheit, das aus dem Wissen herrührt, bedingungslos geliebt zu werden (Urdu, Substantiv, maskulin)*
So eine Art Begeisterung sprudelt uns aus Psalm 19 entgegen. In Bibel in gerechter Sprache heißt es tatsächlich „sprudeln“, in der Lutherübersetzung steht das schlichte „sagen“. Da sagt es ein Tag dem anderen. Hier “sprudelt ein Tag dem andern Worte zu, eine Nacht gibt der anderen Wissen weiter“ (Ps 19,3). Auch hier werden viele Worte gemacht, Tag und Nacht, also 24 Stunden lang. Aber worum geht es eigentlich?
„hoppípolla“ – in Pfützen hüpfen (Isländisch, Verb)*
„Die Himmel erzählen von der Schönheit Gottes“ (Ps 19,2). Darum geht es, um die „Schönheit Gottes“. In anderen Übersetzungen heißt es „Ehre“ oder „Herrlichkeit“. Das hebräische Wort „kavod“ bedeutet „Schwere, Gewicht“ und wird gebraucht für Menschen mit Rang und Namen, meist aber für die „Pracht“ Gottes. Gott zeigt sich mit glanzvoller Würde oder mit strahlender Macht. Die griechische Übersetzung, die häufig im Neuen Testament vorkommt, ist „doxa“, „Glanz“ oder eben auch „Schönheit“. Die Tage und die ganze Welt, Himmel und Erde sind hier erfüllt vom Glanz Gottes. „Doch in die ganze Welt ist ihre Stimme – die Stimme der Schönheit – ausgezogen, bis ans Ende der Welt ihr Gespräch“ (Ps 19,5). Alle Zeit und jeder Ort also sind erfüllt davon.
„Akihi“ – eine Wegbeschreibung hören, loslaufen und die Beschreibung dabei vergessen (Hawaiianisch, Verb)*
Wenn man jetzt wissen will, was das sein soll, die Schönheit, dann erzählt es einem dieser poetische Psalm in weiteren Bildern. Da ist von einem Bräutigam die Rede, der auszieht aus seinem Gemach, von einem sportbegeisterten Menschen, der sich auf ein Wettrennen freut, und es ist die Rede von den Weisungen Gottes. Gemeint sind die Zehn Gebote. Denn sie ermöglichen ein gutes Leben miteinander, in dem Überhebliche keine Macht über einen haben (Ps 19,14). Der ganze Psalm ist voller Überschwang, er klingt nach Genuss, Freude und Frieden.
„Plimpplamppletteren“ – Steine auf dem Wasser hüpfen lassen (Niederländisch, Verb)*
Wir können mit Psalm 19 solche Worte aussprechen, eben fröhliche, heitere, leichte, lustige. Freilich könnte man auch Abgesängen auf diese Zeit anstimmen mit ihren richtig großen Krisen und Konflikten. Es gäbe Gründe genug, üble Worte auszusprechen, zu schimpfen, sich zu empören. Ja, das könnte man und tut es vermutlich auch. Und es ist sicher nötig, die Verhältnisse genau zu beschreiben, die Missstände beim Namen zu nennen. Aber dabei könnte es sein, dass man anderes aus dem Blick verliert. Die Schönheit, die es auch gibt. Es gibt eben auch Liebe, es gibt schöne Erlebnisse, es gibt Freundlichkeit, es gibt mitten im Krieg auch friedliches Miteinander, es gibt Wertschätzung und Respekt, es gibt strahlendes Lachen und Staunen. Und so wird man dann am Ende des Psalms auch in die Pflicht genommen.
„Mögen dir gefallen die Reden meines Mundes.
Das Murmeln meines Herzens komme vor dein Angesicht,
Lebendiger, mein Fels und mein Erlöser!“ (Ps 19, 15)
„Basorexie“ – plötzlicher Drang, jemanden zu küssen (Latein, Substantiv, feminin)*
* Gefunden auf www.wortschatzkarte.de. Hier werden besondere und besonders lautmalerische Worte aus allen Sprachen der Welt gesammelt. Man merkt ihnen ihren kulturellen Hintergrund an. So gibt es z.B. auf Malaiisch das Wort „Pisan-zapra“. Es meint die Zeit, die es benötigt, eine Banane zu essen. Zu jedem der Wörter gibt es übrigens auch sehr schöne Postkarten.
Gisela Matthiae (Jahrgang 1959), promovierte ev. Theologin, lebt in Gelnhausen und arbeitet an ganz verschiedenen Orten als freie Referentin, in der Ausbildung von Kirchenclowns und Begegnungsclowninnen (im Altenheim) und als Komödiantin selbst auf der Bühne; in der Bibel findet sie erstaunliche Spuren von Humor und Komik, die ihren Glauben nähren. Ihren eigenen Blog “Humorladen” finden Sie hier.
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