Es gibt viele Worte für unser Gehen. Wir gehen spazieren, wir schlendern, wir schreiten, wir laufen, eilen, ja pilgern, manchmal tanzen wir von einem Ort zum anderen, auch das Wandern und Marschieren gehört zum Gehen dazu.

In dem, wie wir gehen, zeigt sich etwas von uns, von unserer inneren Haltung und Einstellung. Je nachdem, wie wir „drauf“ sind, wird etwas von uns sichtbar. Wir gehen beherzt und fröhlich, aber auch unsere Traurigkeit oder unsere Resignation sieht man uns an.

Die Frauen, die die ersten  Zeuginnen der Auferstehung Jesu waren, „gingen eilends weg vom Grab mit Furcht und großer Freude und liefen, um es seinen Jüngern zu verkündigen.“(Matthäus 28,8)  Sofort macht sich auch Petrus auf und läuft zum Grab (Lukas 23,12)  Die enttäuschten Emmausjünger dagegen bleiben traurig stehen  auf ihrem Weg  bergab von Jerusalem, doch eine geheimnisvolle Begegnung mit dem Auferstandenen lässt sie noch in der gleichen Abendstunde  nach Jerusalem zu den anderen Jüngern zurückkehren – auch wenn es jetzt bergauf geht! (Lukas 24,33)

Marschiert sind sie dabei vermutlich trotzdem nicht,  so bewegt und aufgeregt sie auch waren! Marschieren erinnert  an Ordnung, Disziplin, ja Militär. Das Wort scheint nicht einmal zum Ostermarsch richtig zu passen. Denn beim Ostermarsch geht es um Frieden, Abrüstung, den Widerstand gegen Atomwaffen und gerade nicht um Disziplin und militärische Ordnung.

Möglicherweise ist die äußere Erscheinung und Beschreibung des Marschierens aber nur die eine Seite.  Denn die  dahinterliegende Bedeutung könnte auch eine Haltung der Entschlossenheit und Willenskraft ausdrücken! Marschieren heißt in seinem ursprünglichen  Wortsinn zunächst nur wandern, dann aber auch kräftig auftreten, und damit eine Markierung hinterlassen. So kann der Marsch auch ein Protestmarsch sein, entschlossen, willensstark. Ja, und so lass ich mir auch den Ostermarsch gern gefallen!

Ostermarsch 1960

Der erste Ostermarsch in der Geschichte der Bundesrepublik  war übrigens ein sogenannter Sternmarsch. Er begann in Braunschweig, Bremen, Hamburg und Hannover und endete nach drei Tagen am Ostermontag in der Lüneburger Heide in Bergen-Hohne. Dort, im Landkreis Celle, sollten Atomraketen stationiert werden. Fast 1000 Menschen versammelten sich damals, 1960, zum Protest.

Von einem Ostermarsch steht nichts in der Bibel. Doch was Menschen seit Ostern bewegt, ist eine radikale Lebenshoffnung, die sich den Todesmächten dieser Welt entzieht, ja sich ihnen entgegenstellt!

Es ist es gut, wenn sich unsere Kirchen und Gemeinden mit besagter Entschlossenheit und Willenskraft aus eben diesem Grund an den Ostermärschen beteiligen. In der Rückbesinnung auf ihren eigenen österlichen Ursprung sollten christliche Widerstandsformen möglicherweise sogar noch weiterreichender und konsequenter gelebt und formuliert werden als es heutige Ostermärsche und Appelle tun.  „Krieg soll nach Gottes willen nicht sein“, formulierten die christlichen Kirchen bereits 1948. Heute tritt man vielfältig für die Umsetzung  der Idee eines „gerechten Friedens“ ein.

Ökumenische Osteranthologie hg. von Brigitte und Volker Kahl

Christliche Hoffnung beugt sich nicht den Mächten des Todes und der Gewalt, weder heute noch morgen. Sie weiß diese Mächte überwunden und ohne Perspektive für das Leben. An ihre Stelle sollen Gerechtigkeit, Freiheit, Versöhnung  und Frieden treten. Dies sind die Wegmarken, an denen sich das biblische Lebens- und Auferstehungszeugnis ausrichtet.

Vielleicht brauchen sogar unsere heutigen Ostermärsche etwas mehr von dieser österlichen Radikalität, Entschlossenheit und Hoffnung.

 

 

 

 

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